Das Ende der Flatrate?

Wie der Spiegel berichtet, wird die Deutsche Telekom in Zukunft keine echte DSL-Flatrate mehr anbieten. Wie wir es von Handy-Flatrates kennen, soll die Bandbreite nach einem festgelegten Datenvolumen auf 384 Kbit/s gedrosselt werden. Mit dieser Rate ist natürlich kaum noch was anzufangen. Die eigenen Voice-over-IP- und Entertainment-Dienste sollen auf das Volumen nicht angerechnet werden.

Natürlich schlug diese Meldungen große Wellen in meiner Twitter-Timeline. Von Aufgabe der Netzneutralität und wettbewerbswidrigem Verhalten war die Rede. Diese Einwände kann ich nicht recht nachvollziehen:

Netzneutralität bedeutet, dass ein Internetprovider alle Datenpakete, unabhängig von Dienst und Inhalt, gleich schnell und unverändert übermittelt. Diese Neutralität ist wichtig in einem Netz, in dem viele Daten einfach durchgereicht werden. Würde die Telekom (oder ein anderer großer Netzbetreiber) gegen Netzneutrlität verstoßen, könnte er seine eigenen Dienste schneller machen als die der Konkurrenz. Damit würde er den Wettbewerb auf eine Weise verzerren, gegen die sich die Mitbewerber nicht wehren können.

Ähnlich Wettbewerbsschädlich wäre es, wenn die Telekom die Preise für die Nutzung des Netzes durch Mitbewerber vom Inhalt der Pakete abhängig machen würden. Wenn es also für andere DSL-Anbieter billiger wäre, wenn deren Kunden viele Telekom-Dienste verwenden.

Aber das geschieht hier ja nicht. Die Telekom betont, die Netzneutralität nicht zu verletzen. Die Bevorzugung von eigenen Diensten betrifft nicht deren Weiterleitung oder Geschwindigkeit, sondern nur die Preisgestaltung für die Endverbraucher. Die Telekom bietet also eine Voice-over-IP-Flatrate und eine Entertainment-Flatrate, aber keine für andere Internetdienste mehr an. Wer letzeres benötigt, wird an andere Anbieter verwiesen. Ich sehe nicht, inwiefern dieses Vorgehen den Wettbewerb einschränken soll. Im Gegenteil, es dürfte eher ein Vorteil für die Konkurrenz sein, wenn die weiterhin echte DSL-Flatrates anbieten.

Deutlich nachvollziehbarer finde ich Sancznys Einwurf:

Freier Zugang zum Internet ist heute schon so grundlegend, dass wir (als Gesellschaft) allen Menschen Zugang ermöglichen sollten. Ich kenne Schülerinnen und Schüler, die das Internet regelmäßig für Hausaufgaben benötigen. Viele Menschen nutzen das Internet als grundlegende Intormationsquelle. Es ist für sie wichtiger als Fernsehempfang.

Worüber wir also wirklich diskutieren sollten ist Informationsfreiheit. Wie viel Internet brauchen Menschen und wie viel darf das kosten? Wenn Bandbreite in Zukunft tatsächlich knapp werden wird, dann wird der freie Markt zwangsläufig dazu führen, dass schnelles Internet und hohe Volumina teurer werden. Da müssten wir ansetzen und überlegen, ob nicht langfristig eine Flatrate mit einer Mindestbandbreite für alle Menschen erschwinglich bleiben sollte.

Was meint ihr?

Ergänzung (23.4.):

Ekelias und andere haben mich auf Twitter überzeugt, dass, was die Telekom vorhat, tatsächlich auch schon eine Einschränkung der Netzneutralität ist. Wenn das Freivolumen überschritten ist, würden Dienste wie Skype und YouTube vermutlich gedrosselt werden und die eigenen Telefon- und Entertainmentdienste schnell bleiben.

 

Wo ihr Recht habt, habt ihr recht.

Ich fände auch ohne diesen Punkt das Ende der Flatrate problematisch, aber ihn wegzuschweigen war ein Fehler.

Bei Kattascha gibt es einen schönen Blogartikel dazu, der beide Punkte gut erklärt: What the f*** ist “Netzneutralität” und warum ist mein Stream so lahm?

7 Gedanken zu „Das Ende der Flatrate?“

  1. Danke für die Klarstellung Deiner ursprünglichen Skepsis (ein Wort, bei dem hier eine Pluralform benötigt würde) und Deiner Bereitschaft, Einwände aufzunehmen!
    Zwei Aspekte fallen mir auf:

    1. Wer eine echte Flatrate wolle, werde an andere Anbieter verwiesen – dies fördere Wettbewerb. Meine Vorstellung von wirtschaftlicher Konkurrenz sieht vor, dass sich durchsetzt, was die meisten Profite generiert. Sollte die Telekom also erfolgreich damit sein, *keine Flatrate mehr* anzubieten (abgesehen von Spezialflats für Hausprodukte), würde demnach die Konkurrenz nachziehen. Und die Telekom könnte wirtschaftlich durchaus sehr erfolgreich mit ihrem Paradigmenwechsel sein, auch wenn sie Kunden verliert. Denn Netznutzungsentgelte bekommt sie auch von der Konkurrenz; und wenn die eigenen Kunden einfach profitabler werden, freut sich der Aktionär. Daraufhin würden also die Konkurrenten ebenfalls *keine Flatrate mehr* anbieten, und wenn, dann zu deutlich höheren Preisen, womit wir bei sancznys Punkt sind. Relative Knappheit existiert bereits bei der Bandbreite, und zwar, weil die Shareholder relativ gute Profitraten wünschen. Die sind das, was ein Unternehmen zu maximieren trachtet. Und das geht am besten, indem man alternativlose Güter verteuert: Wasser, Internet, Straße sind in dem Zusammenhang vieldiskutierte Beispiele.

    2. Dies betrifft vor allem die Ergänzung. Natürlich muss man fragen, was passiert, wenn das Volumen ausgeschöpft ist. Der Nutzer kann nur noch lahm surfen oder auf Telekom-Hausangeboten (wie Entertain). Andere DSL-Anbieter mit vergleichbaren Nichtflatrates (siehe 1.) werden andere Partnerangebote suchen und finden.

    „Surfen Sie mit X2, dann können Sie Facebook auch über 50 GB im Monat hinaus schnell benutzen!“ Oder: „Sie mögen Google? Kommen Sie zu MarinaNet! wir lassen Daten von Google, YouTube und G+ auch jenseits von 75 GB durch.“

    Zwischen X2 und MarinaNet mag in dem Beispiel eine Konkurrenz bestehen, wer die attraktiveren Partner „freischaltet“. Das Problem ist, dass zwischen Facebook und G+ eine davon abhängige Konkurrenz entsteht, sich mit großen DSL-Anbietern zu verpartnern, oder am Ende des Monats Klicks zu verlieren. Auf jeden Fall verlieren werden aber alle Anbieter von Internetseiten, die zu klein sind oder aus ähnlichen Gründen nicht zu Partnerseiten werden können. Sowohl Verflechtung der Unternehmen als auch Konzentrationsprozesse im Internet nehmen dadurch zu. Und das ist weder für Konkurrenz, noch für Vielfalt im Netz wünschenswert.

    So funktioniert aber ungezügelter Kapitalismus. Ökonomisch gesehen ist der Schritt der Telekom völlig richtig (wenn man den Imageschaden außer acht lässt). Es sind die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die der Konzern auszureizen versucht. Die gesellschaftlichen Schäden können nur durch klare gesetzliche Regulierung abgewendet werden, nicht durch Goodwill der Konzerne. Deshalb: Netzneutralität gesetzlich absichern oder Infrastrukturbetriebe verstaatlichen!

    1. Ja, ungezügelter Kapitalismus. Das ist der Grund, warum ich den Aspekt „Internet für alle“ in den Vordergrund stellen wollte.

      Netzneutralität ist ein Instrument, das den freien Markt gewährleistet. Sie verhindert, wie du sagst, ein Stück weit, dass große Unternehmen marktbeherrschend werden. Was sie aber nicht Verhindern kann, sind steigende Preise bei Knappheit der Ressourcen. Die sind eine Folge des freien Marktes.

      Die Telekom könnte ja auch Flatrates abschaffen, ohne zugleich mit Netzneutralität zu brechen. Entweder indem die eigenen Dienste eben auch nur mit Volumenlimit vermarktet, oder indem sie eine echte Flatrate nur in Kombination mit ihrem Entertainmentdienst vertreibt. Dennoch bliebe der Fakt bestehen, dass eine echte Flatrate nur noch zu hohen Preisen zu bekommen ist.

      Deine Vorschläge, Netzneutralität gesetzlich oder durch staatliche Infrastruktur zu erzwingen, lösen damit nur ein Teil des Problems. Der andere lässt sich nur durch Ausbau des Netzes oder durch eine garantierte Mindestflatrate für alle gewährleisten.

      1. Ausgezeichnet! Also entweder Netzneutralität gesetzlich absichern + Mindestflatrate als Grundrecht. Oder Verstaatlichung der Infrastruktur + anschließender Ausbau.
        Kann man beides machen. Ich habe aber schon Angst, welche perverse Kombination sich als „politische Lösung, mehr war nicht drin“ durchsetzen wird.

  2. Bin jetzt jedenfalls total gespannt, wie sich die ganze Sache weiter entwicklet und vor allen Dingen, wie sich jetzt die anderen Anbieter verhalten. Ich glaube kaum, dass diese nicht nachziehen werden.

  3. ich schließe mich der Meinung von Holger an… Es wird so viel Gegenwehr von den Usern/Kunden/Allen geben, dass die anderen Anbieter sicher nicht auf diesen Zug aufspringen werden… Also so zumidnest meine Meinung! Ich finde im Mobilbereich ist das etwas ganz anderes. Bin hier jahrelanger Kunde und habe kein Grund zu meckern. Bin auch gespannt!

  4. Über den Kapitalismus zu schimpfen scheint das einzige zu sein was Ihr könnt.
    Dann seit doch mal Telekom-Aktionär, und zeigt mir mal die Rendite, wenn Ihr
    in 2000 oder so gekauft Aktien gekauft habt…die Dividende ist auf Pump finanziert, frage für wie lange…
    Oder Ihr seid mal Aktionär von Level 3. Seit Beginn der Existenz der Firma schreibt Level 3 nichts als rote Zahlen, diese Jahr vielleicht erstmals eine schwarze null.
    Also die Leute, die dort ihr Geld reingesteckt haben, sitzen auf dicken Verluste (im Falle der Telekom hat sich ja sogar der in wirtschaftlichen Dingen nicht gerade sehr beschlagene Krug bei den Aktionären für seine Fernsehwerbung entschuldigt)
    damit der Verbraucher, der jede Leistung am liebsten umsonst haben möchte, diese dann wohl auch so bekommt ?!
    Es wird allerhöchste Zeit, dass die Übertragungsrate gedeckelt wird, Bandbreite ist eine Resource die es keinesfalls umsonst geben darf, und auch nicht immer billiger. Es muss aus wirtschaftlichen Gründen einfach Schluss damit sein, das wachsende Übertragungsraten durch fallende Preise aufgefressen werden, und die Carrier niemals zu gescheiten bottom line – Zahlen kommen.

  5. Letztendlich konnten die Kunden ja zwischenzeitlich einen Teilerfolg erzielen, aber ich glaube nicht, dass die Deutsche Telekom das auf sich beruhen lassen. Die lassen sich ganz sicher etwas einfallen, zumal jetzt schon von höheren Kosten für die Kunden gesprochen wird. Ich bin sehr gespannt, wie sich das alles noch entwickelt.

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