Keine Wissenschaft und moderierte Kommentare

Manchmal braucht es Freunde, die einen darauf aufmerksam machen, was man eigentlich tut. Letztens in Altona habe ich mit Dierk von Con Text unter anderem unsere Blogaktivitäten reflektiert.

Ich betreibe seit Anfang dieses Jahres zwei Bloggs. In der Quantenwelt auf Scilogs veröffentliche ich seit vier Jahren meine Wissenschaftsartikel und hier seit kurzem alles andere. Das wirft offensichtlich die Frage auf, was denn eigentlich einen Wissenschaftsartikel vor anderen auszeichnet.

Diese Unterscheidung muss wohl jeder Wissenschaftsblogger für sich entscheiden. Für mich liegt die Grenze in meiner Kompetenz. Auf dem wissenschaftlichen Blog schreibe ich über Themen, mit denen ich mich aufgrund meiner Ausbildung ganz gut auskennen sollte, also zum Beispiel über Quantenmechanik. Oder ich analysiere die Stichhaltigkeit von quantitativen Studien. Auch das sollten PhysikerInnen drauf haben. Ich rezensiere dort auch gerne Romane und Sachbücher, die ich in die Finger bekomme, solange der Hauptpunkt meiner Analyse wissenschaftlich ist.

Ich treibe dort aber definitiv keine Wissenschaft. Keiner meiner Blogeinträge auf Quantenwelt dürfte eine eigene wissenschaftliche Leistung darstellen. Möglicherweise schaffe ich es, neue Blickweisen populärwissenschaftlich zu verpacken oder Anregungen zur Didaktik zu geben. Aber neue wissenschaftliche Daten präsentiere ich nicht und ich entwickle schon gar keine wissenschaftlichen Theorien.

Und wie ist das hier? Hier steht das Lernen im Vordergrund. Hier schreibe ich nicht für Leserinnen und Leser, sondern für mich. Das heißt nicht, dass ich mich nicht über Aufmerksamkeit freue. Irgendwie sind wir ja alle Aufmerksamkeitspferde. Aber euch etwas zu erklären ist nicht der Antrieb dieses Blogs. Jedenfalls meistens nicht.

Für meinen Beitrag zur Gleichmacherei der Geschlechter wurde ich auf drei Weisen kritisiert. Die einen verstanden, ich wolle irgendwie den Feminismus erklären, und kritisierten, dass ich mich gar nicht festlege, welche Strömung des Feminismus ich eigentlich meine. Andere versuchten mir Positionen zu widerlegen, die ich gar nicht vertreten habe. Zuletzt wurde mir Unwissenschaftlichkeit vorgeworfen, weil ich viele der Kommentare für irrelevant hielt und deshalb gelöscht oder gar nicht erst freigeschaltet habe.

Ich glaube nicht, mich für Kommentarpolitik in meinem eigenen, privaten Blog rechtfertigen zu müssen, aber vielleicht können ein paar Erklärungen mir helfen, meine Gedanken dazu zu sortieren.

Theorien

Sowenig, wie ich mich in meinen Texten zur Physik auf die Viele-Welten-Theorie oder die Kollaps-Theorie festlegen muss, wenn ich über beobachtbare Kohärenzphänomene berichte, so wenig ist es notwendig, eine sozialwissenschaftliche Theorie anzugeben, wenn ich über einzelne Punkte der Genderdebatte schreibt.

Dass Menschen nicht gleich sind, ist so selbstverständlich, dass es keiner ausgearbeiteten Theorie und keiner Statistik bedarf, um es nachzuweisen. Gerade deshalb ist der Vorwurf der Gleichmacherei, wenn man über sich über gegenderte Kinderüberraschungen ärgert, so weit hergeholt.

Kommentare

Es ist natürlich subjektiv, welche Kommentare zu einer Diskussion positiv beitragen und welche nicht. Deshalb gibt es letztlich nur drei Strategien beim Führen einer Kommentarfunktion: Man schaltet Kommentare ab, man lässt alle Kommentare zu oder man wählt mit einer gewissen Willkür aus.

Für alle drei Vorgehen gibt es gute Argumente. Ich könnte auf Kommentare verzichten, weil es viele andere Möglichkeiten gibt, über die Inhalte meines Blogs zu diskutieren. Twitter, Facebook, eigene Blogs. Es steht heute jeder und jedem frei, kostenlos und frei eigene Blogs zu erstellen. Deshalb schränke ich niemanden in der Meinungsfreiheit ein, wenn ich Kommentare einfach nicht zulasse.

Ich würde es mir besonders einfach machen, wenn ich alle Kommentare zuließe. Niemand könnte sich wegen gefühlter Zensur beschweren und die Aufrufzahlen würden durch lange Diskussionen in die Höhe getrieben werden. Leider machen völlig unmoderierte Kommentare eine Diskussion aber schnell unlesbar. Bei vielen Blogs und On-line-Ausgaben von Zeitungen lese ich die Kommentare schon lange nicht mehr. Wo ich sie lese, wird fast immer moderiert.

Ich hab mich also entschlossen, hier auch zu moderieren. Ich werde in Zukunft genau die Kommentare freischalten, die ich für interessant halte. In meinem Gleichmacherei-Artikel habe ich viele Kommentare, die ich für uninteressant halte, auf Druck bei Twitter dann doch noch freigeschaltet. Das wird in Zukunft nicht mehr geschehen.

Ihr könnt dennoch sicher sein, dass ich nichts ausblende. Ich muss die Kommentare ja alle lesen und zur Kenntnis nehmen, um zu entscheiden, ob ich sie freischalte. Ich werde eure Kritik also auf jeden Fall erhalten. Und wenn ein Gedanke so gut und einmalig ist, dass er unbedingt veröffentlicht werden muss, und ich das nicht erkenne, dann eröffnet doch einfach euren eigenen Blog und veröffentlicht diesen Gedanken dort.

Der Wissenschaftlichkeit dieses Blogs wird durch Moderation keinen Abbruch getan. Denn dieser Blog ist gar keine Wissenschaft.

4 Gedanken zu „Keine Wissenschaft und moderierte Kommentare“

  1. „Ich werde in Zukunft genau die Kommentare freischalten, die ich für interessant halte.“

    Dann hoffe ich mal, dass für dich „interessant“ nicht nur gleichbedeutend ist mit „entspricht meiner Meinung“.
    Wer interessante Diskussionen führen will, der muss sich bewußt sein, dass es kommentierende demotiviert, etwas bei dir zu schreiben, wenn sie wissen, dass du abweichendes nicht oder mit einer höheren Wahrscheinlichkeit nicht durchlässt.

    Meine Empfehlung ist daher Moderation von Kommentaren sehr zurückhaltend vorzunehmen und Kommentare innerhalb einer Diskussion freizuschalten. Wenn man meint, dass es zu sehr abweicht, dann würde ich persönlich – wenn ich schon moderieren würde – eher vorwarnen und dann erst den nächsten Kommentar nicht freigeben.

    Aber natürlich: Dein Blog, deine Regeln.

    1. Nun, nehmen wir mal deinen Kommentar: http://www.quantenmeinung.de/2012/08/gleichmacherei-der-geschlechter/#comment-148

      Ich schreibe, dass die Feministinnen, die ich gelesen habe, keine Gleichmacherei der Menschen, sondern eher Befreiung von gesellschaftlichen Rollenbildern. Du erklärst mir daraufhin, dass die Biologie ja Freiheiten erlaube. Das brauchst du mir aber in diesem Zusammenhang nicht erzählen, denn ohne diese Annahme macht die Befreiung von Rollenbildern keinen Sinn.

      Interessant wird eine Diskussion, wenn du mir entweder widersprichst, oder mir einen Aspekt zeigst, den ich nicht beachtet habe. Mir etwas selbstverständliches erklären zu wollen, führt zu nichts.

      Aber ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Ein Kommentar sollte kurz und Prägnant einen Punkt ansprechen, der im Beitrag vorkam. Unter einen kurzen Ein-Themen-Artikel eine ganze Abhandlung über nur lose verwandte Themen zu setzen, ist keine Diskussion.

  2. „Meine Empfehlung ist daher Moderation von Kommentaren sehr zurückhaltend vorzunehmen“

    So kann nur jemand reden, dem entweder Traffic wichtiger ist als alles andere, oder der nicht weiß, was es bedeutet, täglich seinen Blog von Unrat sauberkehren zu müssen. Oder beides.

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