Das böse anonyme Internet

Der Spiegel berichtet online über einen schweren Fall von Mobbing auf dem Schulhof. Ein Mädchen schickt einem Jungen, in den sie verliebt ist, ein Oben-ohne-Foto von sich. Der nutzt ihr Vertrauen aus, gibt das Foto an seine Freunde weiter und macht sich über das Mädchen lustig. Die Freunde verbreiten das Foto weiter und bald kennt die ganze Schule das Foto.

Das Mobbing findet hier auf dem Schulhof statt. Der Unterschied zu den Fällen, wie wir sie in den 1980ern kannten, liegt darin, dass die Fotos nicht als Papier-Kopien von Hand zu Hand gehen oder am schwarzen Brett in der Pausenhalle landen. Die Jugendlichen nutzen WhatsApp, einen Dienst, der persönliche Kommunikation über das Internet realisiert.

Das verleitet die Autorin zu folgenden beiden Sätzen:

„Ihre Geschichte zeigt, welche Macht Jugendliche mit dem Internet ausüben können. Jederzeit und anonym.“

Nun fand das Mobbing aber gar nicht jederzeit und anonym statt. Schon gar nicht im Internet. Es erfolgte von namentlich bekannten Personen gezielt auf dem Schulhof. Die Geschichte zeigt eher, wie Menschen ihre Macht auch dann gnadenlos ausüben, wenn sie nicht anonym sind.

Das Internet sagt…

Es ist eigentlich eine schöne Tradition: Für politische Magazine geht ein_e Moderator_in in eine Fußgängerzone oder ein Einkaufszentrum und fängt ein paar Stimmungen ein. Leute von der Straße sagen Kluges oder weniger Kluges zum Thema, geben ihr Pro oder Contra oder auch ein mehr oder weniger verschleiertes Weißnicht.

Dasselbe geht auch schön mit Social Media. Auf Facebook oder Twitter muss die Redaktion nicht einmal eine Person zum fragen rausschicken. Die Meinungen sind in den Social Media bereits fertig publiziert und müssen nur noch herausgesucht un zitiert werden. Eingefangene Stimmungen. Leute sind dafür oder dagegen oder auf besonders meinungsstarke Weise indifferent.

Ärgerlich wird das, wenn Rundfunk und Fernsehen oder Tageszeitungen diese Meinungsfundstücke dann dem Medium als ganzes zuschreiben: „Im Internet regt sich Kritik…“, „Twitter ist empört…“, „Shitstorm auf Facebook…“.

Alle Meinungen, die man auf Twitter findet, findet man auch in Einkaufszentren, denn Twitteranwender sind Menschen, die auch einkaufen gehen. Schlagzeilen wie „Das Einkaufszentrum ist empört…“ kämen uns aber albern vor. Das sollte auch für Meldungen über Twitter, Facebook und Internet gelten.

Leseliste 2015

Es ist Anfang Januar, die richtige Zeit über Vorsätze für das Jahr zu bloggen. Deshalb ist jetzt die richtige Zeit, ein altes Versprechen einzulösen. Im April 2014 hat mir Onyx ein Blogstöckchen zugeworfen. Es ist das erste Stöckchen, das mir je zugeworfen wurde und deshalb habe ich mich gefreut und mir gleich vorgenommen, schnell zu reagieren. Das ist nun acht Monate her.

Onyx fragt welche fünf Bücher ich mir vorgenommen habe, im Jahr 2014 2015 zu lesen. Meine Lesegewohnheiten sind etwas chaotisch. Ich habe in der Regel mehrere Bücher herumliegen, mit denen ich angefangen habe oder die ich mir mal geschenkt bekommen oder angeschafft habe und die noch ungelesen im Bücherregal stehen. Die Frage ist nun: Welche von diesen Büchern werde ich noch dieses Jahr lesen und warum? „Leseliste 2015“ weiterlesen

Lewis’s Law

Ich bin auf Twitter auf eine Internet-Regel gestoßen, die leider sehr wahr ist: „Die Kommentare zu jedem Artikel zum Feminismus rechtfertigt Feminismus.“ Wo immer ein kommentierbarer Artikel von einer Feministin erscheint, sei es in der Onlineausgabe einer Zeitung oder in einem Blog, erscheinen in den Kommentarspalten sexistische Kommentare. Manchmal sind es Beleidigungen, manchmal Argumente, die auf sexistische Stereotype aufbauen. „Lewis’s Law“ weiterlesen

Krakenschutz

Ihr habt sicher schon von dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gehört, nach dem Suchmaschinen Links auf personenbezogene Daten auf Antrag löschen müssen. (Hier die Veröffentlichung des Gerichts als PDF.) Nun frohlocken die Grünen: „Nur eine starke Datenschutzpolitik der #EU kann vor Megakonzernen wie #Google, Facebook und Co schützen!„. Ich habe Zweifel, ob dieses Urteil wirklich vornehmlich vor „Megakonzernen“ schützt. Für sehr viel wahrscheinlicher halte ich es, dass Google dafür schnell eine Lösung finden wird.

Viel problematischer dürfte das Urteil für mögliche Herausforderer Googles sein. Kleineren Suchmaschinen, die nicht viel Personal zur Bearbeitung von Anfragen und keine Finanzmittel für Gerichtsprozesse haben, wird diese Anforderung größere Probleme bereiten. Es könnte also sein, dass dieses Urteil die Marktstellung der Großen eher stärken wird, weil es zusätzliche Eintrittsbarrieren für Mitbewerber schafft.

Fallvatten – ein schwedischer Katastrophenroman

Im Sommer haben wir es mal wieder geschafft, unseren Urlaub in der ehemaligen Wahlheimat Schweden zu verbringen. Um die alten Sprachkenntnisse wieder aufleben zu lassen, habe ich nicht nur versucht, mit Einheimischen weitgehend in ihrer Sprache zu sprechen. Ich habe mir auch zwei aktuelle Romane zugelegt, von denen ich den zweiten jetzt gelesen habe.

Fallvatten von Mikael Niemi ist ein Katastrophenroman. In einem ungewöhnlich regenreichen Herbst bricht in Lappland, nicht weit von der norwegischen Grenze der Suorvadammen und löst eine Überschwemmung aus. Auf ihrem mehr als dreihundert Kilometer langen Weg in den Bottnischen Meerbusen zerstört eine gewaltige Wasserfront alles, was sich an den Ufern des Stora Lulevatten, der Stora Luleälven und am weiteren Verlauf der Luleälven befindet. Die Orte Porjus, Boden und Luleå, zahlreiche Ferien- und Freizeithäuser an den Küsten, sowie all die malerischen Strände entlang der Älven. „Fallvatten – ein schwedischer Katastrophenroman“ weiterlesen

Schon die Sorge ist ein Problem

Auf einen interessanten Artikel von kattascha hat mich heute Erbloggtes via Twitter aufmerksam gemacht:

Der mit Her mit dem Geigerzähler! überschriebene Artikel ist ansich schon interessant, gut geschrieben und leider wahr. Was mich aber zu einem Kommentar, hier im Blog hinreißt, ist eine Stelle ziemlich in der Mitte:


Kattascha schreibt: „Überwachung ist wie Radioaktivität. Zunächst einmal merkt man nichts. Dann ändern wir unser Verhalten.“ Ja, so ist es. Wir sehen und spüren nichts von der täglichen Internetüberwachung, von der ungefragten Speicherung und Auswertung unserer Kommunikation. Aber wir wissen, dass es sie gibt und das allein verursacht ein ungutes Gefühl. Das wiederum verursacht Verhaltensänderungen: „Und versuchen, möglichst „normal“ zu sein. Der Zensor im eigenen Kopf, die Goldwaage, die wir uns selbst verordnen, das alles lässt uns unfrei werden. Weniger mutig, weniger unbefangen, weniger ehrlich.“

Und bei Radioaktivität? Da auch, selbst wenn fast alle Zeitungs- und Fernsehmeldungen die Einflüsse von Radioaktivität maßlos übertreiben, bleibt ein ungutes Gefühl. Die Angst, es könnte mehr und schlimmer sein als erwartet. Darum ging es mir auch in der Diskussion im Kneipenlog zum Thema Studienbissig: Bereits die Sorge ist ein Problem.

Gedanken zum Biologismus

Dr.Mutti hat mal wieder einen schönen Artikel über Biologismus 101 geschrieben, in dem sie zusammenfasst, warum es schwer ist, Unterschiede im Verhalten von Männern und Frauen auf genetische Unterschiede zurückzuführen. Leider ist die Diskussion wieder in alle möglichen Details und Gemeinplätze abgeglitten. Daran bin ich mit schuld, weil auch ich am SIWOTI-Syndrom leide uns nicht immer die Klappe halten kann, wenn ich ein Argument für nicht stichhaltig halte.

Ein paar Punkte habe ich aus der Diskussion mitgenommen und möchte hier festhalten: „Gedanken zum Biologismus“ weiterlesen