Gedanken zum Biologismus

Dr.Mutti hat mal wieder einen schönen Artikel über Biologismus 101 geschrieben, in dem sie zusammenfasst, warum es schwer ist, Unterschiede im Verhalten von Männern und Frauen auf genetische Unterschiede zurückzuführen. Leider ist die Diskussion wieder in alle möglichen Details und Gemeinplätze abgeglitten. Daran bin ich mit schuld, weil auch ich am SIWOTI-Syndrom leide uns nicht immer die Klappe halten kann, wenn ich ein Argument für nicht stichhaltig halte.

Ein paar Punkte habe ich aus der Diskussion mitgenommen und möchte hier festhalten:

Genderwissenschaften sind nicht Biologie:

Viele derer, denen biologische Unterschiede zwischen Männern und Freuen wichtig sind, unterstellen denen, die sie als Genderwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler wahrnehmen, Biologische Unterschiede zu leugnen. Das ist ein Missverständnis. Nicht einmal Judith Butler behauptet, dass es keine biologischen Unterschiede gibt. Es gibt, wie Dr.Mutti klarstellt, eine Menge Genderwissenschaftlerinnen, deren Thema mit Biologie nichts zu tun hat. Literaturwissenschaftlerinnen, die Geschlechterrollen in Romanfiguren untersuchen, brauchen sich zum Beispiel um Biologie nicht zu kümmern. Romanfiguren haben keine Gene und Hormone.

Gleichstellung ist keine Gleichmacherei

Eine Reportage von dem Comedian Harald Eia aus Norwegen und eine Studie, nach der es auch in Skandinavien noch starke Unterschiede in der Berufswahl zwischen Männern und Frauen gibt, wird immer wieder als Nachweis genannt, dass die Berufswahl genetisch beeinflusst ist. Der Gedankengang lautet im Wesentlichen: Skandinavien ist für vorbildliche Gleichstellungspolitik bekannt und deshalb können dortige Unterschiede nur noch biologisch sein.

Ich habe lange genug in Schweden gelebt um euch versichern zu können, dass es auch in Skandinavien noch Geschlechterrollen gibt. Ob wir das nun gut finden oder schlecht: Gleichstellungspolitik macht nicht den Versuch, die Menschen zu geschlechtslosen Wesen umzuerziehen. Sie sorgt dafür, dass Frauen im Berufsleben und im öffentlichen Leben nicht zu viele Steine in den Weg gelegt werden. Der Abbau von Rollenbildern kann dagegen nicht staatlich verordnet werden, sondern muss im Konsens von der Gesellschaft selbst kommen. Da sind wir eher als Mitglieder der Gesellschaft direkt gefordert.

Zwillingsforschung

Zwillingsforschung wird oft als Beleg genannt, dass Gene einen großen Einfluss auf die Persönlichkeit haben. Kein Frage, das haben sie vermutlich. Ich gebe aber zu bedenken, dass eineiige Zwillinge tatsächlich genetisch identische Menschen sind (bis auf die Aktivierung einzelner Gene, die abweichen kann.) Alle Männer haben dagegen nur gemeinsam, dass sei ein y-Chromosom haben. Jedes gemischtgeschlechtliche Geschwisterpaar hat mehr  Gene gemeinsam als mit nicht verwandten Geschlechtsgenossen. Zwillingsforschung sagt also wenig darüber aus, wie sich der körperliche Unterschied zwischen Mann und Frau auf das Verhalten auswirken könnte.

Anmerkung:

Dieser Artikel ist als öffentliche Notiz für mich selbst gedacht, deshalb verzichte ich auf die Kommentarfunktion. Ihr könnt mir gerne über Twitter Feedback geben.

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