Fliegen und die Angst vor Google

Das schönste an Flugreisen ist eindeutig der Start. Das Gefühl, wie das Flugzeug immer schneller wird und schließlich abhebt, ist für mich jedes Mal ein Abenteuer. Auch wenn ein Landeanflug bei schönem Wetter oft viel bessere Blicke auf die Welt gewährt, kann die Landung nicht wirklich mit dem Start mithalten.

Eine weitere schöne Sache am Fliegen ist die Horizonterweiterung. Man kommt etwas weiter als zum Beispiel mit dem Zug oder dem Fahrrad und man liest Magazine, die man im Kiosk nicht einmal angucken würde. Gerade ist mir ein Heft namens „Werben und Verkaufen“ in die Hände gefallen, das mit der Titelstory „Werber fürchten Datenmonster Google“ meine Aufmerksamkeit erweckte.

Google ein Datenmonster? Das Thema beschäftigte mich gerade auf Twitter, wo mich die prominente Nutzerin und Piratin @Afelia um ein Beispiel für die von mir behauptete vorbildliche Transparenz von Google bat. Meine Antwort stieß natürlich bei einem anderen Twitterer auf Protest: Ich nannte die neuen Datenschutzrichtlinien.

Zu meinem Erstaunen schließt sich der Autor des Googleartikels im Werbemagazin meinem Urteil an. Er bezeichnet die Datenschutzrichtlinie als „durchaus vorbildlich“. Die Bezeichnung Google als Datenmonster leitet sich über die Tatsache ab, dass Google Daten über sogenannte Cookies sammelt. Google als das Cookies liebende Krümelmonster.

Vorbildlich transparent finde ich die Datenschutzlinie, weil sie verständlich ist. Google sagt uns genau, wofür es die Daten braucht und gibt Beispiele für den Einsatz. Daten, die über verschiedene Dienste gewonnen werden, darf Google jetzt verknüpfen. Fast alle Dienste teilen dieselbe Datenschutzbestimmung. Außerdem vorbildlich ist, dass ich über das sogenannte Dashboard jederzeit Überblick über die personengebundenen Daten habe und sie dort auch editieren oder löschen kann. Ferner kann ich alle Daten, die ich auf Google+ hinterlegt habe, jederzeit für den eigengebrauch herunterladen. Sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist es aber bei dem größten Mitbewerber nicht.

Mein Diskussionsgegner auf Google (nicht @Afelia) widersprach mir: Er habe gar kein Google-Profil, nutze nur die Google-Suche und könne nicht auf die über ihn gespeicherten Daten verfügen oder sie jederzeit einsehen. Das ist zwar korrekt aber leider nicht zu ändern. Schließlich sind Nutzer, die Google unangemeldet nutzen für die Suchmaschine nur anonyme Nummern (entweder IP-Adressen oder automatisch vergebene Cookie-Nummern). Natürlich kann ich nicht erwarten, dass Google die Informationen, die es über eine bestimmte IP-Adresse hat, einfach so herausrückt. Wie soll ich beweisen dass ich und nur ich diese IP-verwendet habe und so nicht an Daten eines dritten komme?

Google zu verbieten, anonyme Statistiken über Suchanfragen zu führen und dabei auch die Reaktion auf einzelne Angebote über Cookies oder IP zu verfolgen, halte ich für nicht zielführend. Wollte man das tun, so müsste das Statistikverbot auch für alle anderen Websites gelten. Ich kenne einige Seitenbetreiber, die Statistiken über das Surfverhalten ihrer Besucher mit der Software Piwik erstellen.

Man ist halt interessiert, wie viele Besucher kommen, wie lange sie bleiben, welche Seiten sie anklicken und über welchen Suchbegriff sie die Webpräsenz gefunden haben. Wollte man es Google und den anderen Großen verbieten, dann müsste auch den kleinen Seitenbetreibern das Erstellen von Statistiken verboten werden. Schließlich ist es bei einem überschaubaren Blog viel einfacher, das Surfverhalten einer einzelnen Personen zuzuordnen, als bei einer Seite mit zehntausenden Zugriffen pro Tag.

Die Anfertigung anonymer Statistiken ist, bei allem Verständnis für Verfolgungsängste, kein Eingriff in die Privatsphäre. Es ist keine Sammlung personengebundener Daten. Das wird es erst, wenn ich bei meinem Google-Account angemeldet bin und die Suchmaschine benutze. In dem Moment ist es Google technisch möglich, mein privates Surfverhalten zur Optimierung der personalisierten Werbedarstellung zu verwenden.

Einen Fehler macht der Autor des erwähnten Artikels: Er behauptet Google hole sich schon mit der Nutzung der Googlesuche „die umfangreiche Einverständniserklärung für alle Plattformen“ ab. Das könnte man so sehen, ist aber Gegenstandslos, wenn ich die übrigen Plattformen gar nicht nutze.

Nochmal: Die Datenschutzbestimmungen greifen überhaupt nur für angemeldete Nutzer, denn nur für diese kann Google die Daten überhaupt mit anderen Diensten verknüpfen.

Interessant an dem Artikel ist auch eine schöne Übersicht über Google Marktanteile an unterschiedlichen. Marktführend ist Google in Deutschland nur bei der Suche und über Youtube im Video-Segment. Bei den sozialen Netzwerken und e-mail liegen Googles Marktanteile unter 10%, bei Karten immerhin bei 45%. Google ist also zwar ein großer Marktteilnehmer aber sicher nicht unumgehbar.

Mein Rat bleibt daher: Wenn euch Google suspekt ist, probiert die Mitbewerber aus.

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